Die insgesamt 25 Preisträger der Bayerischen Denkmalschutzmedaille 2019 zeigen, dass private Denkmalpflege trotz vieler Hausabrisse und Zerstörungen noch lange nicht am Ende ist.

Es war im Jahr 1974, als Stefan Holzmann mit seiner späteren Frau Maria an der alten Schmiede in Bad Griesbach vorbeispazierte. Das alte Holzblockhaus lag „wie im Dornröschenschlaf“, sagt er, das gefiel dem Paar und auch, dass noch eine Schmiede darin untergebracht war. „Wir haben darüber geredet: Das zu kaufen wär‘ doch schön.“ Aber damals, „als mittelloser Student“ war das noch undenkbar.

45 Jahre später gehört den beiden dieses Haus im Landkreis Passau. Es ist an einer Kreuzung im Ort zu einem modernisierten Blickfang geworden. Von außen fügen sich die alten Gebäudeteile fließend mit den modernen Anbauten zusammen. Innen stehen mitten im neu geschaffenen Ess- und Wohnbereich noch eine alte Drehbank, eine Standbohrmaschine und ein Luftkompressor von 1953. Für die behutsame Instandsetzung des geschichtsträchtigen Hauses ist das Ehepaar am Mittwoch mit der bayerischen Denkmalschutzmedaille geehrt worden. Die Schmiede wurde erstmals 1685 erwähnt und über die Jahrhunderte um- und ausgebaut. Menschen und Institutionen, die sich besonders um die Erhaltung solcher historischer Gebäude einsetzen, ehrt das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst jedes Jahr zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Im Fall der Familie Holzmann würdigte das Landesamt explizit, dass die Geschichte der Schmiede „überall im Haus ablesbar geblieben“ sei.

Die Holzmanns fanden das Haus zufällig über eine Annonce und kauften es 2014. Zehn mal zehn Meter Holzbau, zusätzlich ein Werkstattgebäude, ein Sichtbetonanbau kam noch hinzu, alles zusammen umfasst heute etwa 300Quadratmeter. Nach dem Kauf folgten zwei Jahre intensiver Bauarbeiten vom Erdgeschoss bis in den Dachstuhl. Das Fundament wurde geöffnet, Beton verfüllt, wo Holz morsch geworden war. Installateure verlegten 800 Meter Kupferleitungen, die nun über die Wände das Haus heizen. Ständig in Kontakt waren die Holzmanns damals mit dem Passauer Architekten Andreas Schmöller. Auch Fördermittel bekam das Paar, er Ingenieur, sie Lehrerin, beide inzwischen in Rente. Aber das sei nur ein kleiner Teil, „unter zehn Prozent“, dessen gewesen, was sie selbst in das Projekt gesteckt haben, sagt Stefan Holzmann. Inzwischen nutzen die beiden das Haus teilweise mit, leben aber hauptsächlich im Landkreis Freising und suchen Mieter für die Schmiede.

Außer der Schmiede in Bad Griesbach wurden 24 weitere Projekte ausgezeichnet. Preiswürdig waren unter anderem die Instandsetzung eines alten Bahnhofs in Großheirath im Landkreis Coburg und die Renovierung eines Schlosses im schwäbischen Friedberg sowie einer zweigeschossigen Villa in Straubing. Und außerdem die Restaurierung eines Gasthauses aus dem 17. Jahrhundert in Nürnberg-Eibach. Der „Schwarze Adler“ wurde 1650zweigeschossig gebaut, das konnten Experten anhand von Bohrungen im teils noch vorhandenen Kiefernholz zurückdatieren. Im 19. Jahrhundert folgten Anbauten nach hinten und um zwei Etagen in die Höhe, auch für eine Bauphase zwischen 1890 bis 1892 gibt es dendrochronologische Befunde. Bis 1997 befand sich im Erdgeschoss eine beliebte Gastwirtschaft mit Pension und Biergarten. Doch danach stand das Haus leer und verfiel. Darüber wurde im Ort viel diskutiert, es sollte abgerissen, einmal sogar zwangsversteigert werden, doch alle Versuche, den Ort wiederzubeleben, scheiterten.

Celine-Michelle Cotte, 39, wurde zufällig darauf aufmerksam, als sie 2006 in die Gegend zog. „Ich fand es schade, dass der Schwarze Adler leer steht und habe immer gedacht: Den hätte ich gern, da würde ich was draus machen.“ Eines Tages tauchte der „Adler“ auf einer Immobilienseite im Internet auf. Sie bat sofort um einen Besichtigungstermin. Ende 2012 kauften sie und ihr Bruder Yann Cotte das Haus. Damalige Pläne, im Erdgeschoss einen Weinladen einziehen zu lassen und das Gebäude mit zwei Balkonen zu versehen, verhinderten die beiden. Der Platz neben dem Haus sollte mit einem weiteren Wohnhaus samt Tiefgarage bebaut werden. „Furchtbar“ fand Cotte das damals. Also blieb das Haus in seiner Form wie es war, wurde aber von 2014 an generalüberholt, federführend war Architektin Petra Hofmann aus Högen-Weigendorf.

Heute sind eine alte Treppe von ungefähr 1876 und der große, dunkle Dachstuhl zu Hinguckern geworden. „So kann es richtig wirken“, findet Cotte. 2017 zog sie mit ihrer Werbeagentur in den zweiten Stock. Mittlerweile fallen nur noch kleine Nacharbeiten an: Welcher Seifenspender passt zur Gesamteinrichtung? Seit Neuestem hängt der Schriftzug „Schwarzer Adler“ wieder an der Fassade. Cotte will verhindern, dass der Name in Vergessenheit gerät. „Und so ist er auch besser zu finden.“ Bald sollen in die übrige Räume Coworker einziehen. Das Konzept: Es gibt feste Arbeitsplätze, die man mieten kann. „Das ganze Haus soll Netzwerkcharakter haben. Deswegen suchen wir uns unsere Mieter auch ganz genau aus“, sagt Cotte.

Ihr und ihrem Bruder ist ein Mammutprojekt auf vier Etagen gelungen. Am einst verkommenen Ort in Eibach findet heute wieder Leben statt.

Von Clara Lipkowski

Daten

Wo: Süddeutsche Zeitung
Wann: 31. Mai 2019
Wer: Von Clara Lipkowski

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